Der GTO-Forschungsfonds wird erstmals in Australien aktiv: Mit 900 Euro fördert er Freilanduntersuchungen zum Sozialverhalten der Gouldamadine Chloebia gouldiae. Sie werden ab Sommer 2017 von Dr. Claudia METTKE-HOFMANN (Liverpool John Moores University) in Westaustralien durchgeführt und widmen sich vor allem der Frage, wie die Kopffarbe der kleinen Singvögel deren Aufmerksamkeit und Risikobereitschaft beeinflusst.
Die Kopffarbe verrät den Charakter
Die Gouldamadine ist dafür bekannt, dass in ihren Populationen bis zu drei Varianten der Kopfgefiederfarbe vorkommen: schwarz, rot und gelb. Dabei sind schwarzköpfige Tiere stets am häufigsten (rund zwei Drittel einer Population), gut ein Drittel ist rotköpfig, und weniger als 1 Prozent der Vögel hat einen gelben Kopf. Laboruntersuchungen zeigten, dass schwarzköpfige Amadinen neugieriger als rotköpfige sind und nach Störungen schneller als diese zum Futter zurückkehren. Auch übernehmen sie häufiger die Führung in ihren Gruppen. Rotköpfige Amadinen sind wiederum aggressiver als schwarzköpfige und folgen diesen bereitwilliger als rotköpfigen Artgenossen. Die Kopffarben beeinflussen also auch den Zusammenhalt und die Entschlussfähigkeit einer Gruppe. Damit sind Gouldamadinen die bislang einzigen bekannten Tiere mit klar abgesetzten Farbmorphen, bei denen ein solches Zusammenspiel zwischen Morphe und Persönlichkeit nachgewiesen werden konnte. Erklärt wird dies mit der unterschiedlichen Auffälligkeit der Morphen: Die auffälligen rotköpfigen Amadinen profitieren vom Neugier- und Führungsverhalten der schwarzköpfigen, da sie in kritischen Situationen zurückstehen können. Stellt sich die Situation als ungefährlich heraus, können sie mit ihrer Aggression die schwarzköpfigen schnell vertreiben. Die Vorteile für die schwarzköpfigen Amadinen sind weniger offensichtlich – doch sollten die rotköpfigen durch ihre auffällige Farbe aufmerksamer sein, könnten die schwarzköpfigen davon profitieren.
Laborbeobachtungen sollen im Freiland verifiziert werden
Die Untersuchungen, die zu den skizzierten Ergebnissen führten, wurden allesamt in menschlicher Obhut durchgeführt. Aufgrund des Importverbots für australische Wildtiere fehlt jedoch seit über 50 Jahren eine Blutauffrischung der Volierenbestände durch Wildvögel. METTKE-HOFMANNs Forschungsvorhaben, das auch von der Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht (AZ) unterstützt wird, soll deshalb erstmals im natürlichen Biotop der Art validieren, ob die Beobachtungen Haltungsartefakte oder allgemeingültig sind. Bisher beschäftigte sich die Freilandforschung an Gouldamadine mit ihren Habitatansprüchen, mit interspezifischen Konkurrenzsituationen und mit Nistkastenprojekten.
Im Detail will METTKE-HOFMANN einerseits klären, ob schwarzköpfige Amadinen ein größeres Risiko an Wasserstellen eingehen, weil sie dort vor ihren rotköpfige Artgenossen am Boden landen (dies würde mit dem aus Menschenobhut bekannten größeren Risikoverhalten einhergehen). Andererseits will sie testen, ob rotköpfige Gouldamadinen an Wasserstellen aufmerksamer sind als schwarzköpfige, weil sie optisch mehr hervorstechen.
Wenn die Kopffarbe tatsächlich eine große Rolle im Verhalten der Amadinen spielt, könnte die Farbzusammensetzung von Gruppen erhebliche Auswirkungen auf die Fortentwicklung der Art im Freiland haben. Beispielsweise wären Gruppen mit einem größeren Anteil an schwarzköpfigen Vögeln womöglich anpassungsfähiger als Gruppen mit einem geringen Anteil. Mit Antworten auf solche Hypothesen könnte die Studie Hinweise zum Erhalt der stark gefährdeten Art in der Natur leisten.